Erbrecht Rechtsprechung

Schlusserbe wird bei Erbausschlagung durch den überlebenden Ehegatten nicht Ersatzerbe
♦ Der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers kann auch ein in den Nachlass fallender Pflichtteilsanspruch unterliegen

BGH, Urteil vom 5. 11.2014, IV ZR 104/14
Der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegt - vorbehaltlich einer abweichenden Bestimmung durch den Erblasser - auch ein in den Nachlass fallender Pflichtteilsanspruch.

♦ Wert des Nachlasses

BGH, Beschluss v. 27. 8. 2014, XII ZB 133/12
a) Der Wert des Nachlasses im Sinn des § 1836 e Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB ist durch Abzug der Nachlassverbindlichkeiten von dem Aktivvermögen zu ermitteln. Zu den zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten gehören dabei vor allem diejenigen Verpflichtungen, die vom Erblasser herrühren oder die im Zeitpunkt des Erbfalls bereits dem Grunde nach angelegt waren und wegen ihrer Zwangsläufigkeit für den Erben Vorrang beanspruchen können.

b) Demgegenüber mindern gleich- oder gar nachrangige Nachlassverbindlichkeiten den Nachlasswert nicht. Die aus einer Vermächtnisanordnung folgende Verpflichtung ist gegenüber dem staatlichen Regressanspruch nachrangig und daher ohne Einfluss auf den Nachlasswert.

c) Die Berücksichtigung von im Nachlass befindlichen Vermögensgegenständen bei der Inanspruchnahme der Erben setzt voraus, dass die Gegenstände verwertbar sind. Verwertung bedeutet jede Art der finanziellen Nutzbarmachung. Eine Immobilie kann daher grundsätzlich nicht nur veräuβert, sondern auch beliehen werden, um mit dem Darlehen die Vergütungsforderung zu tilgen.

d) Eine besondere Härte im Sinn des § 102 Abs. 3 Satz 3 SGB XII ist nur bei auβergewöhnlich gelagerten Sachverhalten anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lassen, den Erben für den Kostenersatz in Anspruch zu nehmen. Sie muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen, und sich in der Person des Erben realisieren (im Anschluss an BSG NVwZ-RR 2010, 892).

♦ Ablaufhemmung im Fall mehrerer Erben bei einer vom Gläubiger erhobenen Gesamtschuldklage

BGH, Urteil v. 4. 6.2014, IV ZR 348/13
Die Ablaufhemmung des § 211 Satz 1 Alt. 1 BGB beginnt im Falle mehrerer Erben bei einer vom Gläubiger erhobenen Gesamtschuldklage (§ 2058 BGB) in dem Zeitpunkt, in dem der jeweils in Anspruch genommene Erbe die Erbschaft angenommen hat. Auf den Zeitpunkt der Annahme durch den letzten Miterben kommt es nicht an.

♦ Die Ausübung der Gesellschafterbefugnisse obliegt bei Anordnung der unbeschränkten Testamentsvollstreckung hinsichtlich einer zum Nachlass gehörenden Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich dem Testamentsvollstrecker

BGH, Urteil v. 13.5.2014, II ZR 250/12
a) Die Ausübung der Gesellschafterbefugnisse einschlieβlich des Stimmrechts und der gerichtlichen Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit von Gesellschafterbeschlüssen obliegt bei Anordnung der unbeschränkten Testamentsvollstreckung hinsichtlich einer zum Nachlass gehörenden Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich dem Testamentsvollstrecker (§§ 2205, 2211, 2212 BGB).

b) Der Testamentsvollstrecker, der selbst kein Gesellschafter ist, unterliegt ähnlich wie der Vertreter eines Gesellschafters bei der Ausübung des Stimmrechts aus der seiner Verwaltung unterliegenden Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich den gesellschaftsrechtlichen Stimmverboten wie dem Verbot, Richter in eigener Sache zu sein (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG).

c) Der Umstand, dass der Testamentsvollstrecker bei einer Beschlussfassung über einen bestimmten Beschlussgegenstand wegen eines Stimmverbots ausgeschlossen wäre und das Stimmrecht insoweit den Erben zustünde, hat nicht zur Folge, dass auch die Ausübungsbefugnis hinsichtlich des mit der Beteiligung verbundenen Rechts, von dem zuständigen Gesellschaftsorgan die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über diesen Gegenstand zu verlangen bzw. diese selbst einberufen zu dürfen, vom Testamentsvollstrecker auf die Erben übergeht; die (aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung folgende) Einberufungsbefugnis verbleibt vielmehr beim Testamentsvollstrecker, während die Erben eine Einberufung der Gesellschafterversammlung nur über die ihnen aus ihrem erbrechtlichen Rechtsverhältnis zu dem Testamentsvollstrecker diesem gegenüber zustehenden Rechte, insbesondere aus dem Anspruch auf eine ordnungsgemäβe Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB), erreichen können.

♦ Rückforderung einer Zuwendung an den Lebensgefährten

BGH, Urteil v. 6.5. 2014, X ZR 135/11
a) Die Zuwendung eines Vermögenswerts, die der Absicherung des anderen Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den Fall dienen soll, dass der Zuwendende während des Bestands der Lebensgemeinschaft verstirbt, ist regelmäβig keine Schenkung, sondern eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung.

b) Die Zuwendung kann wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückzugewähren sein, wenn die Lebensgemeinschaft nach der Zuwendung scheitert.

♦ Begleichung einer wertlosen Forderung: Schenkungsanfechtung

BGH, Beschluss v. 3. 4.2014, IX ZR 236/13
Begleicht der Schuldner eine gegen einen Dritten gerichtete wertlose Forderung, scheidet eine Schenkungsanfechtung aus, wenn eine weitere Person für die Forderung eine werthaltige Sicherheit gestellt hatte, die der durch die Zahlung befriedigte Gläubiger verliert.

♦ Grob undankbares Verhalten des Beschenkten

BGH, Urteil v. 25. 3.2014, X ZR 94/12
a) Ein grob undankbares Verhalten kann sowohl mangels Umständen, die objektiv die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers vermissen lassen, als auch deshalb zu verneinen sein, weil sich das Verhalten des Beschenkten jedenfalls subjektiv nicht als Ausdruck einer undankbaren Einstellung gegenüber dem Schenker darstellt. Die Beurteilung der subjektiven Seite des Tatbestands kann jedoch in der Regel erst dann erfolgen, wenn sich der Tatrichter darüber Rechenschaft abgelegt hat, welche Sachverhaltselemente objektiv geeignet sind, einen den Widerruf der Schenkung rechtfertigenden Mangel an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme zum Ausdruck zu bringen.

b) Bei der objektiven Gesamtwürdigung der Umstände kann insbesondere zu berücksichtigen sein, dass ein Schenker, der dem Beschenkten durch eine umfassende Vollmacht die Möglichkeit gegeben hat, in seinem Namen in allen ihn betreffenden Angelegenheiten tätig zu werden und erforderlichenfalls auch tief in seine Lebensführung eingreifende Entscheidungen zu treffen, zu denen er selbst nicht mehr in der Lage sein sollte, einen schonenden Gebrauch von den sich hieraus ergebenden rechtlichen Befugnissen unter bestmöglicher Wahrung seiner personellen Autonomie erwarten darf.

♦ Schenkung: Beweislastverteilung

BGH, Urteil v. 11. 3. 2014, X ZR 150/11
Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt worden ist. Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. November 2006 - X ZR 34/05, BGHZ 169, 377).

♦ Genehmigung einer Erbausschlagung für ein minderjähriges Kind

BGH, Beschluss v. 12. 2. 2014, XII ZB 592/12
Anlässlich eines Verfahrens auf Genehmigung einer Erbausschlagung für ein minderjähriges Kind ist diesem zur Entgegennahme des Genehmigungsbeschlusses im Sinne von § 41 Abs. 3 FamFG nur dann ein Ergänzungspfleger zu bestellen, wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Vertretungsmacht nach § 1796 BGB festgestellt sind.

♦ Schlusserbe wird bei Erbausschlagung durch den überlebenden Ehegatten nicht Ersatzerbe

OLG Hamm, Beschluss v. 14.3.2014, 15 W 136/13
Schlägt der überlebende Ehegatte, der durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zum alleinigen Vollerben bestimmt wurde, die Erbschaft aus, so wird der Schlusserbe ohne ausdrückliche testamentarische Bestimmung nicht sein Ersatzerbe.

Sachverhalt: Der Erblasser errichtete gemeinsam mit seiner zweiten Frau ein Ehegattentestament, mit dem sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Vollerben einsetzten und die Tochter aus der ersten Ehe des Erblassers sowie den Neffen der zweiten Frau zu gleichen Teilen als Schlusserben des Letztversterbenden bestimmten. Nach dem Tod des Erblassers schlug die überlebende Ehefrau die Erbschaft aus.

Laut OLG Hamm ist die Tochter des vorverstorbenen Ehemanns als dessen einziger Abkömmling Alleinerbe geworden.

Da die zweite Ehefrau die Erbschaft ausschlug, steht ihr kein gesetzliches Erbrecht zu. Die im Ehegattentestament geregelte Konstellation, dass die Tochter und der Neffe Schlusserben nach dem Letztversterbenden werden, liegt nicht vor.

Das Ehegattentestament enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, dass die Schlusserben zu Ersatzerben berufen werden, wenn der überlebende Ehegatte die ihm zufallende Erbschaft ausschlägt. Das Ehegattentestament ist auch nicht in diesem Sinne auszulegen.